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Die Bauwirtschaft steckt in einer tiefen Krise

Immer mehr Wohnungsbauunternehmen berichten, dass Projekte storniert wurden. So waren im September 21,4 Prozent der Firmen von Stornierungen im Wohnungsbau betroffen, im Vormonat waren es 20,7 Prozent. Das hat das Münchner Ifo-Institut am Montag (16. Oktober 2023) mitgeteilt, die Zahlen basieren auf einer Umfrage. „Viele Projekte sind wegen der höheren Zinsen und gestiegenen Baukosten nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen. „Die Wohnungen, die heute nicht begonnen werden, werden uns in zwei Jahren auf dem Mietmarkt fehlen.“

Auch die Klagen über einen Auftragsmangel in der Branche werden immer lauter: Derzeit zeigen sich 46,6 Prozent der Firmen davon betroffen, nach 44,2 Prozent im August. „Das ist eine Verdreifachung innerhalb der letzten zwölf Monate. Die Entwicklung ist dramatisch.“ Infolge der rasant gestiegenen Baukosten durch höhere Material- und Energiepreise und des deutlich höheren Zinsniveaus sind viele Projekte, die Anfang 2022 noch rentabel waren, aktuell nicht mehr finanzierbar.

Einige Projektentwickler sind in den vergangenen Wochen und Monaten in die Insolvenz gegangen, darunter auch große Unternehmen wie die Düsseldorfer Gerchgroup. Im September kündigte der Dax-Konzern Vonovia an, die Planungen für 60.000 Wohnungen auf Eis zu legen.

Die Umfrage wurde noch vor dem Wohnungsbaugipfel Ende September erhoben, bei dem Bundesregierung und Vertreter der Baubranche zusammenkamen. Dabei wurden 14 Maßnahmen beschlossen, darunter mehr Unterstützung für Familien beim Kauf oder Bau der eigenen vier Wände, neue Steuervorteile bei Bauprojekten und die Abkehr von geplanten Energiestandards. „Es bleibt abzuwarten, ob die angekündigten Maßnahmen den Wohnungsbau beleben können. Die Rahmenbedingungen für den Neubau sind jedenfalls mehr als schwierig.“

Entsprechend schlecht ist die Stimmung auch in den Unternehmen: Das Ifo-Geschäftsklima im Wohnungsbau notiere mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991. Das Barometer liegt aktuell bei minus 54,8 Punkten. „Kurzfristig ist keine Besserung in Sicht und es bleibt abzuwarten, ob die Talsohle bereits durchschritten ist“ so die Ifo-Forscher. Mittelfristig werde vor allem entscheidend sein, wie sich die Leitzinsen entwickeln.